Volvo 240 - 20 Jahre Produktionseinstellung
Schlussakkord eines Lieblings:
Vor 20 Jahren lief der letzte Volvo 240 vom Band
- Erfolgreichstes Volvo Modell mit 2,9 Millionen produzierten Einheiten
- Referenzfahrzeug für automobile US-Sicherheitsvorschriften
- Volvo setzte als erster Hersteller die Lambdasonde ein
Schwechat. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge begeht Volvo Anfang Mai ein rundes Jubiläum: Vor 20 Jahren lief der letzte Volvo 240 vom Band. Rund 2,9 Millionen Fahrzeuge wurden während der 19-jährigen Bauzeit des meistverkauften Modells des schwedischen Premium-Herstellers produziert. Zunächst wegen seines kantigen Aussehens kritisiert, avancierte der Volvo 240 zum Vorreiter bei Sicherheit und Nachhaltigkeit. Das Kultauto gewann sogar die Europäische Tourenwagen-Meisterschaft.
Der Volvo 240 wurde im August 1974 als Nachfolger und Weiterentwicklung der beliebten Volvo 140er Reihe vorgestellt. Das Mittelklassemodell wartete mit zahlreichen innovativen Techniklösungen auf, insbesondere im Bereich Sicherheit. Optisch ähnelte das neue Modell stark dem Konzeptfahrzeug
VESC, das Volvo zwei Jahre zuvor präsentiert hatte: die großen Stoßfänger verliehen dem Volvo 240 seinen charakteristischen, nach vorn stehenden "Unterkiefer". Doch während die Sicherheitsvorteile unstrittig waren, stieß das Design auf wenig Gegenliebe. Es galt als langweilig und zu kantig.
Wie schon bei der Volvo 140er Familie einige Jahre zuvor, wurden der Limousine Volvo 240, wahlweise mit zwei oder vier Türen, zwei weitere Varianten zur Seite gestellt: der Volvo 260 als die luxuriösere Version der Limousine mit Sechszylinder-Motor und der Kombi, das Meisterstück von Volvo. Der Volvo 245 entwickelte sich zum Kombi schlechthin. Das vielseitige Auto schluckte viel Gepäck ohne Komfort und Fahrfreude zu beeinträchtigen. Es bot darüber hinaus die zur damaligen Zeit höchsten Sicherheitsstandards in der Automobilindustrie.
Maßstäbe in puncto Sicherheit und Nachhaltigkeit
In einer Reihe von Crashtests mit den Volvo 240er Modellen und Wettbewerbern stellte die US-Sicherheitsbehörde NHTSA fest, dass der Volvo 244 mit Abstand den besten Insassenschutz bietet. Die Ergebnisse dienten als Basis für die späteren US-Sicherheitsvorschriften, die festlegten, welche
Standards in den USA verkaufte Autos erfüllen müssen. Volvo arbeitete derweil schon intensiv an der Abgasreinigung mittels eines Oxidationskatalysators, der die drei schädlichen Substanzen Kohlenwasserstoff (HC), Kohlenmonoxid (CO) und Stickoxide (NOX) deutlich reduzieren soll. Um die Abgasreinigung durch Steuerung des Kraftstoff-Luft-Gemisches weiter zu verbessern, setzte Volvo im Jahr 1976 als erster Automobilhersteller die Lambdasonde ein. Mit diesem kleinen Meisterstück der
Ingenieurskunst konnte der Katalysator mehr als 90 Prozent dieser schädlichen Emissionen eliminieren.
Ein Jahr später führte der Bundesstaat Kalifornien die strengsten Emissionsgrenzwerte der Welt ein. Die Volvo Modelle mit Drei-Wege-Katalysator und Lambdasonde unterschritten diese Grenzwerte deutlich. Die Stickoxidemissionen waren sogar so niedrig, dass die damalige US-Regierung um Präsident James Earl "Jimmy" Carter Volvo für seine Pionierarbeit auszeichnete. In Deutschland bot Volvo ab dem Modelljahr 1986 als einer der ersten Hersteller serienmäßig einen Drei-Wege-Katalysator an.
Technikvorreiter und schnellster Kombi
Der Volvo 240 war der Konkurrenz in puncto Sicherheit und Umweltschutz stets einen Schritt voraus und wurde über die Jahre kontinuierlich weiterentwickelt. Neue Techniken hielten Einzug in den beliebten Schweden: Turboaufladung und Dieselmotoren zum Beispiel wurden früh präsentiert. Im Jahr 1979 wurde der Volvo 244 D6 als erster Diesel-Pkw von Volvo eingeführt. Der in Zusammenarbeit mit VW entwickelte Motor war zugleich der weltweit erste Sechszylinder-Diesel in einem Pkw.
Der Ruf, ein langweiliges Auto zu sein, verschwand endgültig, als der Volvo 245 zum weltweit schnellsten Kombi mutierte: Dank Turboaufladung und 113 kW (155 PS) sowie Beschleunigungswerten von 8,9 Sekunden konnte kein Konkurrent mithalten.
Auch für den Zweitürer Volvo 242 ging es in den 1980er Jahren sportlich zu. Der "Flying Brick" sorgte auf Europas Rennstrecken für Furore und holte zwei Meistertitel. So gewann das Fahrzeug mit den beiden Piloten Gianfranco Brancatelli und Thomas Lindström 1985 die Europäische Tourenwagen Meisterschaft. Ebenfalls 1985 fuhr Per Stureson am Steuer des Volvo 240 Turbo die Fahrerwertung der Deutschen Tourenwagen Meisterschaft (DTM) ein.
Erfolgreich über Jahre hinweg
Erst 1983, im nunmehr zehnten Produktionsjahr, erlebte die 240er Baureihe ihr Allzeithoch mit einem Absatz von 234.300 Einheiten - und dies trotz der neuen Konkurrenz durch den Volvo 760. Zum Ende seines Lebenszyklus wurde der Volvo 240 ausschließlich als fünftüriger Kombi angeboten - und erlebte in Europa eine wahre Renaissance. Dies galt insbesondere für Italien, wo der Volvo 240 Polar das angesagteste Fahrzeug unter jungen Menschen war und Kultstatus erreichte. Die Volvo 240er Familie wurde inzwischen von einer eigenen Gesellschaft im Unternehmen, der 240-bolaget, verantwortet.
Am 5. Mai 1993 war jedoch Schluss: Nach 19 sehr erfolgreichen Jahren mit mehr als 2,86 Millionen verkauften Fahrzeugen, darunter 177.402 Volvo 260, endete die Produktion nahezu zeitgleich mit der Ära des Volvo Vorstandsvorsitzenden Pehr Gyllenhammar. Der Schwede war einer der größten Fans des Volvo 240 und fuhr verschiedene Modelle, einige davon waren wahre Exoten.
Der allerletzte Volvo 240 war so einer: eine kürzere Version, die als Dankeschön für die Leistungen der gesamten 240er Mannschaft produziert wurde. In Kundenhand übergeben wurde der letzte Volvo 245 unter dem Motto "Der letzte 240 und der beste" im Rahmen einer kleinen Zeremonie von Pehr Gyllenhammar persönlich an seine schwedische Besitzerin.
Bis heute sind noch zahlreiche Volvo 240 auf den Straßen der ganzen Welt unterwegs - zwar mindestens 20 Jahre alt, aber immer noch treue Begleiter wie zu ihrer besten Zeit. Es gibt sogar spezielle Fanclubs, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, den Volvo 240 für die Nachwelt zu erhalten.
Quelle: Volvo Car Austria GmbH