Weltpremiere des Volvo 140 vor 50 Jahren: Millionenseller und Meilenstein der Sicherheitstechnik
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Elegante Limousinen und praktische Kombis in Millionenauflage
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Seitenaufprallschutz und innovatives Bremssystem für neue Sicherheitsstandards
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Legendäre Langstreckenläufer in markantem skandinavischem Design
Schwechat. Seine Pressepremiere am 17. August 1966 verlief dramatisch - inmitten einer Verbrecherjagd durch die schwedische Polizei. Dabei stand der neue Volvo 140 doch für gänzlich unaufgeregte klare und kantige Linien sowie für innovative Sicherheitssysteme, die weltweit Maßstäbe setzten. Vor allem aber versprach sich die schwedische Marke mit den modernen Limousinen Volvo 142 und Volvo 144 und dem familienfreundlichen Kombi Volvo 145 ein erfolgreiches Wachstum in der oberen Mittelklasse. Mit Erfolg. So verkaufte Volvo in insgesamt acht Jahren über 1,25 Millionen Fahrzeuge des Volvo 140, der damit als erstes Modell aus Göteborg zum Millionenseller avancierte und Volvo zu einem großen Volumenhersteller machte. In Deutschland konnte der unter dem prägnanten Slogan „Sicherheit aus Schwedenstahl“ beworbene Volvo 140 die Volvo Verkaufszahlen sogar versechsfachen.
Das Debüt des Volvo 140 hätte nicht spektakulärer sein können. Die neue Modellreihe wurde in vier skandinavischen Städten gleichzeitig enthüllt, vor 50 Jahren noch ein sensationelles Ereignis. Entsprechend gespannt warteten die Journalisten in Oslo, Kopenhagen und Helsinki auf das Volvo Spitzenmodell, von dem schon seit Jahren Gerüchte und Bilder einer getarnten Limousine mit dem Namen Mazuo durch die Medien geisterten. In Göteborg hatten sich sogar fast 400 Medienvertreter zur Vorstellung der viertürigen Limousine Volvo 144 versammelt, die als erste Karosserieversion zwei Tage später, also am 19. August 1966, in Produktion gehen sollte.
Außergewöhnlich waren die Probleme, die noch am Vorabend der Pressevorstellung in Göteborg gelöst werden mussten: Insgesamt drei Vorserienfahrzeuge des Volvo 144 wurden in Kisten verborgen per Kran in den Veranstaltungsraum befördert. Dies gerade als die Polizei einen Hinweis erhielt, dass sich zwei gesuchte Polizistenmörder im Publikum eines benachbarten Kinos befinden könnten. Als das Kino evakuiert werden musste, fiel es Volvo schwer, die Vorbereitungen für das Presseevent noch mit der notwendigen Geheimhaltung abzuschließen.
Neue Namen für die ersten Modelle im neuen Markendesign
Als das Volvo Management mit Gunnar Engellau als CEO im Juni 1960 das Lastenheft für das neue Projekt P660 - den späteren Volvo 140 - beschloss, war der schwedische Hersteller dank der Modelle Volvo PV444/PV544 und Volvo P120 Amazon bereits eine international etablierte Marke. Die unter dem Code P660 entwickelte Baureihe sollte Volvo ab 1966 endgültig unter den globalen Volumenherstellern des Premiumsegments etablieren, deshalb wurde der Volvo 140 nicht nur in dem erst zwei Jahre zuvor eröffneten schwedischen Stammwerk Torslanda gebaut, sondern wenig später zusätzlich im neuen Werk Gent in Belgien und auch in Nordamerika. Das Lastenheft für den Volvo 140 sah außerdem vor, dass der designierte Nachfolger des Volvo P120 Amazon wie sein Vorgänger weltweit Maßstäbe in Qualität und Sicherheitstechnik setzen sollte. Tatsächlich verfügte der Volvo 140 sogar über denselben Radstand wie der Volvo P120 Amazon und auch der Volvo PV544, bot aber dennoch deutlich mehr Raum und Komfort für vier bis fünf Passagiere.
Wie schon der formvollendete Volvo P120 Amazon wurde auch der neue Volvo 140 unter dem legendären Volvo Chefdesigner Jan Wilsgaard entworfen. Trotz einer vollkommen neuen Designsprache erinnert der Volvo 140 in verschiedenen Details wie dem anfänglich zweigeteilten Kühlergrill, den vertikalen Rückleuchten und einer kräftigen Schulterlinie unterhalb der Fenster an den Volvo P120 Amazon. Vor allem aber gelang es Jan Wilsgaard mit dem modern gezeichneten Volvo 144 ein neues, unverwechselbares Markendesign zu kreieren, das entsprechend der Ideale der 1960er Jahre der Funktion Vorrang einräumte. Dazu zählten das großzügig dimensionierte Interieur ebenso wie großflächige Fenster. Zudem verfügte der Volvo 140 über klare und saubere Linien, Merkmale, die ihn zum ersten wichtigen automobilen Vertreter für skandinavisches Design machten. Die kantig-klassischen Konturen des Volvo 140 zusammen mit dem charakteristischen dritten Seitenfenster machten die Marke fortan für Automobilfans wie für alle Laien sofort erkennbar.
Nicht nur die Designsprache für den Volvo 140 war neu, auch die Typenbezeichnungen wurden geändert. Die dreistelligen Typencodes indizierten fortan mit der ersten Ziffer die Modellreihe, mit der zweiten die Zylinderanzahl und mit der dritten die Zahl der Türen.
Effiziente Vierzylinder im Volvo 140 und repräsentative Sechszylinder im Volvo 160
Auf den Serienstart des viertürigen Volvo 144 folgten im Frühjahr 1967 die zweitürige Limousine Volvo 142 und zum Modelljahr 1968 der fünftürige Kombi Volvo 145 mit damals rekordverdächtig großem, bis zu rund 1,90 Meter langem Laderaum. Abgerundet wurde das Modellprogramm Ende 1969 durch den fünftürigen Volvo 145 Express, der mit erhöhter Dachlinie ab der B-Säule fast einen Meter Laderaumhöhe bot und vor allem als Schnelltransporter beliebt war. Angetrieben wurden alle Volvo 140 von Vierzylindern. Anfangs war es der berühmte 1,8-Liter-B18-Benziner aus dem Volvo P120 Amazon mit 55 kW/75 PS oder 74 kW/100 PS in Doppelvergaser-Spezifikation.
Zum Modelljahr 1969 folgte der 2,0-Liter-B20-Benziner mit 60 kW/82 PS bereits in der Basisversion. Beide Aggregate zählten zu den langlebigsten Benzinern ihrer Ära und trugen so dazu bei, dass die auch sonst auf maximale Lebenserwartung ausgelegten Volvo 140 vereinzelt in Schweden bis heute im Alltagseinsatz sind. Zum Spitzenmodell mit sofortigem Sammlerstatus brachte es der 1971 vorgestellte Volvo 142 GT, dessen Einspritzmotor damals sportive 91 kW/124 PS leistete. Echte Racer waren dagegen die Volvo 140, die bei Langstreckenrallyes starteten.
Aber auch die Luxusklasse wollte Volvo wieder erobern und das mit einem damals prestigeträchtigen Sechszylinder. So ging 1968 der Volvo 164 an den Verkaufsstart mit 3,0-Liter-B30-Reihen-Sechszylinder unter einer mächtigen Motorhaube und großem Grill. Ansonsten war der luxuriös ausgestattete Volvo 164 aus dem Volvo 144 hervorgegangen, allerdings mit um zehn Zentimeter auf 2,70 Meter vergrößertem Radstand. Vor allem auf dem Heimatmarkt und in Nordamerika erzielten die repräsentativen Limousinen beachtliche Erfolge.
Revolutionäre Sicherheitssysteme setzten neue Standards
Mit einer Vielzahl neuer Sicherheitssysteme für den Volvo 140 bestätigte Volvo seine Führungsrolle bei der passiven und aktiven Fahrzeugsicherheit. So war die Karosserie des Volvo 140 außergewöhnlich verwindungssteif und die neue Sicherheitsfahrgastzelle inkludierte erstmals berechnete Knautschzonen vorne und hinten sowie einen schützenden Überschlagkäfig. Dazu verfügte die Lenksäule des Volvo 140 über eine neuartige Sollbruchstelle, das Armaturenbrett war mit Kunststoff gepolstert, die Türschlösser unfallsicher und die Ausstattung mit serienmäßigen Dreipunkt-Sicherheitsgurten wurde ebenfalls erweitert. Gab es doch im Volvo 140 nun auch Gurte für die Rücksitze. Schutzeinrichtungen, die später ergänzt wurden durch Sicherheits-Kopfstützen vorn und hinten sowie eine auffällige Warnlampe, die bei Fahrten mit nicht angelegten Gurten aktiviert wurde. Nicht zu vergessen weitere wichtige Sicherheitsfeatures, die bei den kommenden Modellpflegen eingeführt wurden. Darunter der massive Seitenaufprallschutz, kräftigere Stoßstangen, die Kollisionen bis fünf km/h ohne bleibende Spuren überstanden und ein noch besser geschützter Benzintank.
Verblüfft war die Fachwelt auch über die vorbildliche Bremsanlage des Volvo 140. Als erstes Fahrzeug der Schweden verfügte der Volvo über ein Zweikreis-Bremssystem mit Scheibenbremsen vorn und hinten, bei dem beide Bremskreise jeweils auf die zwei Vorderräder und ein Hinterrad wirkten. So blieb selbst beim unwahrscheinlichen Ausfall eines kompletten Bremskreises fast die gesamte Verzögerungskraft erhalten. Damit war die Anlage nicht nur diagonalen Bremssystemen anderer Hersteller überlegen, sie umfasste auch zwei Reduzierventile, die das Blockieren der Hinterräder bei einer Vollbremsung verhinderten. Eine weitere Sicherheitsmaßnahme, die Volvo als erster Hersteller einführte.
Keine Überraschung, dass der Volvo 140 für seine Sicherheitstechniken und den Insassenschutz mit zahlreichen Preisen geehrt wurde. Noch höher ausgezeichnet wurde nur die 1974 eingeführte Weiterentwicklung Volvo 240, die zwei Jahre später von der US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA zum Referenzfahrzeug ihrer Sicherheitsforschung ernannt wurde.
Safety sells: Der Volvo 140 wurde Schwedens erster Millionenseller
Als im Sommer 1974 der letzte Volvo 140 vom Band lief, konstatierte die Produktionsstatistik insgesamt 1.251.371 Einheiten dieser Baureihe. Damit war der Volvo 140 der bis dahin meistgebaute Volvo aller Zeiten und erster Millionenseller der schwedischen Marke. Auch in Deutschland führte der mit Slogans wie „Sicherheit aus Schwedenstahl“ und „Sicherheit ist durch nichts zu ersetzen“ beworbene Volvo 140 die schwedische Marke zu großen Verkaufserfolgen. So betrugen die deutschen Volvo Zulassungszahlen von 1973 das Sechsfache der Volvo Jahresverkaufszahlen von 1967.
Noch beliebter als der Volvo 140 ist bis heute nur der Volvo 240, der 1974 wesentliche Bauteile des Volvo 140 übernahm und von dem bis 1993 weltweit rund 2,8 Millionen Fahrzeuge ausgeliefert wurden.